Heute ist der sechste Tag der Kita-Eingewöhnung und ich sitze vor meinem Rechner und starre auf die Uhr. Die Wohnung ist still, ich könnte jetzt in Ruhe einen Kaffee trinken, oder Frühstücken, dazu kam ich vorhin nicht mehr, oder einfach mal Musik hören – aber ich genieße die Stille. Um ehrlich zu sein, ich genieße gar nicht die Stille, ich möchte nur nicht verpassen, wenn ich unsere Rakete vielleicht doch weinen höre in der Kita nebenan. Ich möchte das Klingeln des Telefons nicht überhören und ich möchte vielleicht auch einfach ein bisschen traurig sein, dass die GÄÄÄngzeit echt vorbei zu sein scheint.

Es kam jetzt nicht überraschend, dass die Eingewöhnung bei der Rakete vielleicht nicht ganz so anstrengend werden würde, denn die Rakete hat LUST auf Kinder. Und das schon seit Monaten. Ich kann ihr das gar nicht bieten, was die Kinder ihr bieten können. Natürlich ist es cooler, wenn der kleine Junge von fast drei Jahren ihr zeigt, wie sie das Klettergerüst hoch kommt, statt Mama, die auf dem Klettergerüst jetzt nicht die allerbeste Figur macht. Auch können wir ihr so viele Bücher, Bällchenbäder und Spielsachen dieser Welt kaufen, die ersetzen einfach keine Spielkameraden in ihrem Alter. Mama ist und bleibt Mama. Bei Papa ist es genauso.

Ich bin ein bisschen traurig, auf jeden Fall, auf der anderen Seite freue ich mich aber auch riesig, dass sie sich so wohl fühlt. Letzte Woche Donnerstag kam ein Junge zu ihr als wir uns verabschiedeten und sagte: „Du kommst aber morgen wieder Rakete, oder?“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und habe mich riesig für die Rakete gefreut. Und am Freitag hat sie sogar schon lautstark protestiert, als wir die Kita  nach einer Stunde verlassen haben. Davon war sie 45 Minuten alleine.

Ich weiß schon, ich habe riesen Glück und ich habe auch riesen Glück, dass wir keinen Zeitdruck in dem Sinn haben. Um uns den Stress zu ersparen und weil wir noch nicht genau wussten, wann wir den Kita-Platz bekommen würden, habe ich eineinhalb Jahre Elternzeit eingereicht und ich muss zugeben, das war eine der besten Entscheidungen. Wer weiß, vielleicht sieht die Welt in ein paar Wochen ganz anders aus und die Rakete entschließt sich, dass ihr jetzt dieser tägliche Ablauf doch zu öde ist. Sie lieber andere Kinder hätte, oder doch gerne an die GÄÄÄngzeit mit Mama anknüpft?! Haha, ich glaube, das ist ein bisschen Wunschgedanke meinerseits, zugegeben.

Letzte Woche schrieb mir eine Freundin und auch Mama, die die gleiche Schoße vor knapp fünf Monaten hatte, „Lieben heißt auch Los lassen“ und über den Satz muss ich immer wieder nachdenken. Sie hat recht damit und wenn ich an meine Kindheit und Jugendzeit denke, dann weiß ich, das ist genau der richtige Weg. Ich wurde auch so erzogen. Ich hatte viele Freiheiten, durfte viel ausprobieren, wusste aber immer, dass ich nach Hause kommen kann, egal was ist. Und genau das Gefühl möchte ich der Rakete auch mit auf den Weg geben. Sie muss keine Angst haben, vor gar nichts. Nicht vor den Monstern in ihrem Zimmer, nicht vor anderen Kindern, vor Noten, davor, dass sie alleine gelassen wird … Angst ist nämlich ein ganz doofer Begleiter und das fängt ja jetzt schon an.

Theoretisch klingt alles immer so einfach… Eben habe ich die Rakete abgeholt und sie hat die Stunde gut überstanden. Zwei Mal hat sie ein Tränchen verdrückt, aber sich gleich wieder beruhigt. Ich bin mächtig stolz auf die kleine Rakete und es fühlt sich richtig an – für uns beide.

 

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