Ich glaube, ich kann von mir behaupten, dass ich eine sehr offene und auch nicht unbedingt übervorsichtige Mutter bin. Doch manchmal gibt es Situationen, in denen man abwägen muss, ob es gut ist, wie es gerade läuft, oder nicht. Was ich mit dieser etwas kryptischen Aussage ausdrücken möchte ist einfach nur der Zustand – Baby, Kinderwagen, lächelndes Baby und Mensch, der auf lächelndes Baby anspringt.
Freundlichkeit als Freifahrtschein
Die Rakete ist sehr offen – was sie von mir zu haben scheint. Sie ist erstmal zu jedem freundlich. Auch zu denen, die ihr nicht freundlich gegenüber sind, allerdings merkt sie das mittlerweile ziemlich schnell und geht auf ihre Art damit um. Natürlich freut es mich, dass die Rakete so offen und freundlich und „sympathico“ ist, wie die Portugiesen sagen. Doch es stört mich mittlerweile schon etwas, wenn jeder, aber auch wirklich jeder die Freundlichkeit meiner Rakete als Freifahrtschein sieht, sie anzufassen.
Heute habe ich mich dabei erwischt, wie ich im Laufe eines Gesprächs an der Bushaltestelle immer knapper in meinen Antworten wurde. Der Mann war nett, allerdings etwas aufdringlich. Es kommt ja immer darauf an, wie jemand sich aufdrängt, oder stehe ich mit der Meinung alleine da?
Don´t touch this…
Auf jeden Fall hat dieser Mann die Rakete zu seiner neuen Freundin auserkoren und mit ihr geschäkert. Sie haben sich gegenseitig zum Lachen gebracht: Soweit war noch alles gut. Doch als er sie mit seinen (sorry jetzt dafür) gelben Nikotinfingern an der Wange tätschelte schritt ich ein. Irgendwie hatte ich immer „Das ist mein Bereich, das ist Dein Bereich“ von Dirty Dancing im Kopf. Etwas pikiert zog sich der Herr zurück und die Rakete schäkerte mit einem anderen Busmitfahrer. Komischerweise hatte ich da weniger das Problem, als er sie an den Füßen kitzelte.
Der zurück gestoßene Herr verabschiedete sich mit einem gedämpften „Tschüss“ und es war offensichtlich, dass ich ihm auf den Schlips getreten bin.
„Nein“ sagen, muss gelernt sein
Versteht mich nicht falsch, ich hab kein schlechtes Gewissen dem Herren gegenüber, allerdings tu ich mir manchmal damit schwer, „Nein“ zu sagen, auch in Bezug auf übergriffige Passanten. Natürlich findet die Rakete es oft total super, wenn sie getätschelt, gekitzelt oder gekniffen wird. Doch ich finde schon, als Mutter darf ich auch ein Veto einlegen, wenn ich nicht damit einverstanden bin, dass sie jemand anfasst, oder gar fotografiert.
Gesunde Vorsicht
Bin ich denn alleine mit meiner Meinung, oder bin ich spießig und nicht cool genug? Meine Tochter will ich nicht ändern, ich hoffe nur, dass sich ihre Offenheit im Laufe der Zeit in eine gesunde Skepsis umwandelt. Bis dahin werde ich wie eine Löwenmama auf sie aufpassen und fauchen, sobald ihr jemand zu nahe kommt, den ich irgendwie seltsam finde…
